Glück und Unglück folgen simplen Prinzipien


Manche verbringen ihr halbes Leben damit das Glück zu finden oder zu erforschen, grübeln darüber nach was einen glücklich oder unglücklich machen, denken es wäre Geld oder Liebe. Das alles sind aber Überlegungen die eine Ebene zu weit oben ansetzen. Simpel und offensichtlich wird es erst wenn man sich den Ursprung verdeutlicht.

Das Prinzip des Unglücks

Offensichtlich wurde mir das Prinzip des Unglücks als ich die Serie Game of Thrones geschaut habe. Hier wird, wie sonst kaum, damit gespielt die Erwartungen der Zuschauer zu enttäuschen. Erst folgt die Erzählung einer bekannten Dramaturgie, baut eine Vision der Zukunft auf und die Erwartung der Zuschauer ist es, dass man diese auch mehr oder minder erreichen wird, wenngleich vielleicht mit Hindernissen, Rückschlägen und leichten Abwandlungen und Entwicklungen, aber das was versprochen ist, wird am Ende der Dramaturgie auch den Anfang widerspiegeln. Doch genau das tut Game of Thrones nicht. Es enttäuscht den Zuschauer eins um andere mal und bietet ihm dabei gleichzeitig genau das was er will.

Hauptcharaktäre sterben plötzlich und so schnell und umfassend, dass man nicht bangen oder hoffen muss, sondern nur damit beschäftigt ist, die eigene Erwartungshaltung korrigieren zu müssen. Das was ich dabei empfunden habe war pures Unglück und so wird das Wort Unglück auch benutzt. Ein plötzliches eintretendes Ereignis mit dem niemand rechnen konnte, das man nicht erwartet es. Es zerbricht etwas mit dem man fest gerechnet hatte. Die eigene Welt, Vorstellung und die Grundfeste des Vertrauens werden erschüttert.

Der Tod eines Menschen macht uns unglücklich aus einem ganz besonderen Grund: Er ist endgültig und vernichtet dabei alle möglichen zukünftigen Ereignisse die diesen Menschen betreffen. Man wird ihn nie wieder sehen, man wird mit ihm alles mögliche nicht mehr unternehmen. Ebenso spiegelt das das Unglück des eigenen Todes wahr. Jegliche Zukunftspläne, alle Möglichkeiten werden ausgelöscht. Völlig unabhängig davon das man niemals all das was man noch im Kopf hatte auch getan hätte, so stellt der Tod klar, dass nichts davon noch die Chance haben wird real zu werden. Hätte man ansonsten die Hoffnungen und Erwartungen Schritt für Schritt zurücknehmen und kompensieren können ist es der Tod der mit einem Handstreich alles besiegelt und die Veränderung so bitter macht.

Doch hier genau schlummert eine weitere Wahrheit, denn Unglück ist eine Transition, eine Veränderung. Das Unglück resultiert nicht aus einem Zustand, sondern aus einem Übergang. Ist der abgeschlossen, verarbeitet, vergessen und akzeptiert, so schwindet das Unglück. An der Pforte der Hölle steht laut einem Mythos deshalb nicht umsonst der Satz: „Die ihr eintretet, lasst alle Hoffnung fahren.“ Das Unglück wird aufgehoben indem man es antizipiert.

Das Prinzip des Glücks

Hat man das Unglück verstanden ergibt sich ebenso klar das Prinzip des Glücks. Es ist dem Unglück genau umgekehrt. Während das Unglück ein Übergang ist beim enttäuschen von Erwartungen und Annahmen, so ist das Glück der Übergang beim Erfüllen von Hoffnungen und Wünschen.

Glück ist damit kein Zustand, sondern ebenso transitiv wie das Unglück und tritt ein, wenn ein Herzenswunsch, eine Sehnsucht oder Hoffnung in Erfüllung geht. Es ist das Pendel das in die umgekehrte Richtung ausschlägt, wie das Unglück. Ein Lottogewinn macht einen glücklich, aber nicht auf Dauer, wenn der Wandel antizipiert ist und man sich an die neue Situation gewöhnt hat. So wie wir einen Mangel als Unglück empfinden, empfinden wir auch ein Übermaß als Glück, aber stets nivelliert sich beides wieder aus. Wieviel Geld braucht man um glücklich zu sein. Alles was man dazu bekommt, macht einen glücklicher, was man verliert macht einen unglücklicher.

Doch weder Glück noch Unglück ist direkt mit Geld verkoppelt, auch nicht mit Liebe und nicht anderem. Es hängt einzig und allein an unseren Wünschen, Hoffnungen und Erwartungen. Diese können offen ausgesprochen, insgeheim oder so subtil sein, dass wir uns dessen nicht bewusst werden. Oft neigen wir dazu diese tief empfundenen Wünsche einmal zu erkennen und dann für immer mit den Dingen fest zu verknüpfen, auf die sie in dem Moment gerichtet waren. Doch immer die gleichen Dinge immer und wieder zu erreichen, macht uns auf Dauer eben nicht glücklich, denn tief in uns ist das Prinzip des Wünschens nie fest an etwas gekoppelt, sondern immer flexibel und variabel. Deshalb ist es nur eine Ersatzhandlung wenn man nach Erfolg, Geld, Liebe strebt, die eine Zeit lang funktionieren kann, aber auch erschöpft und funktionslos werden kann, gerade dann wenn sie zu oft eintritt, wenn der Wunsch erfüllt wird.

Haben wir Durst sehnen wir uns nach etwas zu Trinken, aber deswegen macht es uns nicht auf Dauer immer wieder glücklich, wenn wir trinken. Dennoch reproduzieren wir oft eine Handlung die uns bereits einmal glücklich gemacht hatte in der Hoffnung wieder das selbe Gefühl zu erfahren.

Denkt man dies weiter, so sind weder dauerhaftes Glück, noch dauerhaftes Unglück durch ein Festhalten am immer gleichen zu erreichen und verblassen durch die reine Wiederholung. So man ein Unglück aufarbeitet in dem man sich wieder und wieder damit befasst, bis man es akzeptieren und in die eigene Welt einbauen kann, so kann man auch das Glück aufarbeiten indem man es stoisch zu wiederholen versucht.

Ist Glück nur das Neue?

Muss man also nun schlußfolgern, dass Glück stets nur möglich ist, mit etwas Neuem und dass alles was mal einmal verbraucht hat, nie wieder das gleiche Glücksgefühl heraufbeschwören kann?

Nein, nicht so pauschal und unbedingt. Auch das gewohnte und bekannte kann ein Wunsch von uns sein. Wir können uns nach Routine sehnen, nach etwas was wir von früher kannten. Dennoch wird immer ein wenig daran anders sein. Es gibt keine perfekte Wiederholung von Glück oder Unglück. Aber man kann wieder zu bekanntem zurückkehren, man kann eine Routine und Gewohnheiten leben, wenn es einem gelingt immer auch ein wenig neues darin zu zu lassen und wenn man hier in einem Wechsel lebt. So schön es im Urlaub sein mag, das Gefühl dazu würde sich erschöpfen, wenn es nichts mehr besonderes wäre.

Man muss nicht zwingend das Glück durch Unglück unterbrechen, um wieder zum Glück zurück zu kehren, aber man kann eben das Glück auch nicht auf Dauer aufrecht erhalten. Ebensowenig kann man es immer wieder reproduzieren. Fällt man dieser Erwartung anheim ein Weihnachtsfest im nächsten Jahr zu reproduzieren, um das Glücksgefühl wieder zurück zuholen, so baut man eine Erwartung auf, die vermutlich entttäuscht wird und damit das Unglück gebiert. Denn das Weihnachtsfest war nicht nur deshalb schön, weil es exakt so ablief, sondern auch, weil es einen überrascht hat. Eine Überraschung ist eine Erwartung die erfüllt wurde, ohne dass man sich ihr vorher bewusst wurde. Durch Wiederholung mit dem Gleichen kann man aber die Überraschung nicht reproduzieren. Hier wird es notwendig etwas neues zu zu lassen und anzustreben.

Das knifflige an Überraschungen ist, dass man eine abstrakte Erwartung erfüllen muss, ohne eine konkrete Erwartung erfüllen zu können. Die Filmindustrie hat dies erkannt und produziert zu populären Filmen Nachfolger. Man könnte sich zwar auch den ersten Film einfach nochmal ansehen, doch fehlt ihm der Moment der Überraschung, des Neuen. Man könnte sich auch auf einen beliebigen anderen Film einlassen, doch kann dieser einen enttäuschen, da man eine subtile abstrakte Erwartung hat, wie der Film gestrickt sein sollte. Ein zweiter Teil des Filmes ist der elegante Ausweg. Er wird nach dem gleichen Muster getrickt, aber enthält doch wieder Überraschungen, setzt vielleicht nochmal eins drauf, variiert geschickt und erfüllt dennoch die abstrakte strukturelle Erwartung. In der Konsequenz haben nachfolgende Teile von Filmen häufig ein geklontes Schema und sind damit sehr erfolgreich.

Glück lässt sich nicht erzwingen, man kann es nur zulassen.

Man könnte nun also auch folgern, dass man stets auf einer Reise ist, immer neues zulassen sollte, ja vielleicht sogar krampfhaft danach streben muss und es darüber hinaus auch erreichen sollte, um stetig wieder einen neuen vergänglichen Schub von Glück zu bekommen.

Das Wort „krampfhaft“ ist durchaus negativ besetzt und hier bewusst gewählt, denn man kann nicht immer Erfolg haben und das stetige Streben birgt auch das Potenzial von Unglück wenn aufgebaute Wünsche und Erwartungen enttäuscht werden. Das mag ein akzeptabler Kompromiss sein, dass man Glück eben immer nur zusammen mit Unglück bekommt. So wie beim Ziehen von Losen, bei denen einen Nieten und Gewinne erwarten. Genau diese Mischung kann es tatsächlich sein.

Dennoch ist es hier nicht hilfreich möglichst viele Lose zu ziehen, denn ob die Mischung aus Glück und Unglück hier immer ausgewogen ist, lässt sich nicht pauschal sagen. Vielmehr sollte man bereit sein, das Glück zuzulassen. Ein paar wenige Lose können einen viel mehr erfreuen, wenn man gewinnt und ärgern einen wenig. Kauft man jedoch tausende, so entsteht wieder eine Erwartungshaltung die enttäuscht wird, wenn man dann trotzdem nicht den Hauptgewinn erhält. Bei nur wenigen Losen hingegen ist es viel leichter zu akzeptieren, dass es sein kann, dass man garnichts gewinnt.

Das Glück zu zu lassen, die sich bietetenden Chancen und Möglichkeiten zu nutzen, führt nicht unbedingt zu viel und stetigem Glück, aber verspricht das beste Verhältnis von Unglück zu Glück. Dabei ist es hilfreich flexibel in seinen Perspektiven zu sein. Am Prinzip Urlaub erklärt: Wenn man in den Urlaub fährt sollte man sich auf den Urlaub freuen, wenn man wieder heimfährt, auf das eigene zuhause. Der Fokus ist das wichtige, denn man kann das Eintreten und die Schwere von Glück und Unglück beeinflussen, indem Erwartungen, Hoffnungen und Wünsche in der richtigen Weise zulässt, die sich auch erfüllen können.

Stellt man an sich selbst zu hohe Ansprüche, die man kaum erfüllen kann, legt man den Grundstein für Unglück. Schafft man es das zu erhoffen, was man auch wird erreichen können, kann dies einen glücklich machen. Doch auch hier wieder nicht durch pure Reproduktion.

Das alles klingt sehr schwierig und kompliziert und leicht geht einem hier die Leichtigkeit verloren, die es braucht um etwas zuzulassen, statt es erzwingen zu wollen.

Glück als Abwesenheit unerfüllter Hoffnungen

„Die ihr eintretet, lasst alle Hoffnung fahren.“

Zunächst klingt dies sehr depremierend, doch nur solange man sich eigentlich noch versucht an Hoffnungen festzuhalten. Der Tod oder ein unausweichliches Schicksal, das wegfallen der Notwendigkeit nach etwas zu streben, weil es sowieso unerreichbar ist, können auch zum Glück führen.

Lässt man wirklich und wahrhaftig seine Hoffnungen fallen, akzeptiert man das was ist, so entbindet einen dies vom Strreben und allem was einen unglücklich machen könnte. Das was jetzt eintreten kann, ist eine Form von Frieden, die man durchaus als Glück beschreiben kann. Wenn wirklich alle enttäuschten Hoffnungen und noch nicht erfüllten Wünsche verschwunden sind, so benötigt man als Gegengewicht keine erfüllten Wünsche, sondern erreicht ein Gleichgewicht, das man zudem mühelos und ohne Anstrengung halten kann, sogar auf Dauer, sofern man nicht die Balance verliert.

Letztlich ist das das Konzept das einige Religionen anstreben und das schwer erreichbar ist, solange einen die weltlichen Dinge ständig wieder tangieren.

Hermann Hesse hat dies im Gedicht mit dem Titel Glück so formuliert:

Solang du nach dem Glücke jagst,
Bist du nicht reif zum Glücklichsein,
Und wäre alles Liebste dein.

Solang du um Verlornes klagst
Und Ziele hast und rastlos bist,
Weißt du noch nicht, was Friede ist.

Erst wenn du jedem Wunsch entsagst,
Nicht Ziel mehr noch Begehren kennst,
Das Glück nicht mehr mit Namen nennst,

Dann reicht dir des Geschehens Flut
Nicht mehr ans Herz – und deine Seele ruht.

Ruhe vs. Streben

Vielleicht sind es unterschiedliche Konzepte von Glück. Das eine drückt den Zugewinn und die Erfüllung von Wünschen aus. Das andere die ausgeglichene Abwesenheit von Enttäuschten Hoffnungen.

Deutlich wird hier, dass neben den Antipoden Glück und Unglück, auch noch eine zweite Achse gibt, bei der auf der einen Seite das stetige Streben und auf der anderen Seite der statischen Frieden und die Ruhe stehen. Das Glück das aus dem Streben folgt, braucht stets das Wechselspiel mit dem Unglück. Das Glück das aus der Ruhe und dem Frieden folgt, basiert auf einem Gleichgewicht und der Abwesenheit von enttäuschten und unerfüllten Hoffnungen, Wünschen und Erwartungen.

In der Ruhe und dem Frieden liegt ein besonders Glück, dessen Definition aus der Abwesenheit von Hoffnungen und Wünschen insgesamt hervorgeht. Und hier liegt auch eine mögliche Gemeinsamkeit mit der anderen Definition von Glück. Vielleicht bedarf es keineswegs dem Erfüllen von Wünschen, sondern lediglich der Abwesenheit von unerfüllten Wünschen. Wo kein Wunsch existiert kann und muss er auch weder enttäuscht noch erfüllt werden.

Dieses ruhen in sich selbst, gilt den einen als die höchste Kunst die es zu erlernen und zu erreichen gilt. Für andere ist es der Stillstand und der Tod, den es zu vermeiden gilt, da man nichts erreicht. Ob man den Stillstand und den Tod, aber als Glück oder Unglück empfindet ist eine Frage der Perspektive und der inneren Einstellung. Wer sein Leben lang nach Glück gestrebt hat, wird im Tod keinen Frieden finden.

Diese zwei Grundkonstitutionen finden sich auch in Erzählungen stets wieder und stellen eine Form von Archetypen dar, mit denen man versuchen kann sein Leben zu meistern. In der 1990er Jahre Serie Babylon 5 gibt es zwei uralte Völker: Die „Vorlonen“ die Statik und Frieden anstreben und fragen „wer bist du?“, während ihre Gegenspieler, die „Schatten“ Dynamik und stetige Wandlung anstreben und die Frage stellen „was willst du?“

Fortschritt nur durch Unglück

Hätten wir als Menschheit schon vor Jahrhunderten Frieden und Ruhe im Sinne der Vorlonen gefunden, so hätte es vermutlich keine technologische Entwicklung gegeben, keinen Fortschritt. Dieser ist maßgeblich getrieben durch Unglück, einen Mangel und empfundene Enttäuschungen die man durch das Streben nach Glück zu kompensieren versucht. Dieses allgegenwärtige Streben, ist imanenter Bestandteil unseres Wirtschaftssystem und unserer Gesellschaft. Ein Mangel an Strebsamkeit wird verabscheut und geächtet.

Der Zusammenhang dabei ist simpel: Jemand der in sich ruht, seinen Frieden gefunden hat und wunschlos glücklich ist, hat keine Motivation die man nutzen könnte. Jemand der hingegen Wünsche hat, lässt sich leicht in die eigenen Zwecke einbinden. Dies kann durchaus in einer Form von Kooperation geschehen, aber auch in einer Form von Ausnutzung enden. Es ist somit in einem größeren Kontext nicht hilfreich, wenn es den Menschen einer Gesellschaft an Wünschen mangelt. Zur Vermeidung des Gefühls von Unglück sollten sie möglichst großen Fleiß entfalten. Nur dadurch kann Fortschritt wie wir ihn kennen voran getrieben werden. Das Glück des Einzelnen steht dabei hinten an, wenngleich suggeriert wird, dass alles ja nur darauf ausgerichtet wäre dem Einzelnen dieses Glück zu ermöglichen. Eine Traumreise, ein eigenes Auto, ein teures Schmuckstück. Geweckte und konstruierte Wünsche, sind die Triebfeder für das Streben nach Glück, dessen Begleiterscheinungen unsere Wirtschaft ankurbeln, und damit wieder anderen Vorteile bringen, die sie kurzfristig glücklicher machen können, doch auch sie selbst stecken wieder in der gleichen Abhängigkeit und werden damit zu einem fleißigen aber notorisch unglücklichen Rädchen im Getriebe.

Ein triviales Entkommen daraus ist nicht möglich, solange man nicht bereit ist eine grundlegende Änderung des eigenen Lebens zu akzeptieren und viele Dinge aufzugeben. Diese Aufgabe würde einen zweifellos unglücklich machen, aber da Unglück nur eine Transition ist, wäre dieses Gefühl nicht von Dauer. Dennoch wäre die Konsequenz, dass man seine völlig Unabhängigkeit von Wünschen nicht auf Dauer erreichen könnte, denn solange man durch den eigenen Körper mit Bedürfnissen, Hunger und Durst konfrontiert ist, lassen sich Wünsche nicht gänzlich abschütteln. Würde einem dies wiederum gelinge, würde man in der Konsequenz verhungern und verdursten. Eine solche Form von Glück erscheint für uns nicht erstrebenswert aus unserer Sicht. Dies ändert sich aber kurz vor einem unweigerlichen Tod, wenn wir diesen akzeptieren und bereit sind vieles abzulegen.

Glück durch Loslassen

Droht aber kein baldiger Tod klammern wir uns an die Vision, dass wir noch viel erleben werden, noch viele Chancen auf Glück haben, das sich in unserer Zukunft manifestieren kann. Wir hängen an diesen Wünschen. Sie prägen unser Leben, sind uns mitgegeben, lassen uns Streben und dennoch ist die größte Lektion des Lebens, es am Ende loslassen zu können.

Loslassen ganz grundsätzlich ist ein Möglichkeit Glück zu erreichen, denn es ist nichts anderes, als Wünsche aufzugeben. Erzwingen kann man dies nicht, denn solange ein Wunsch insgeheim weiter existiert prägt er einen auch. Vielmehr ist es eine schwierige innere Einstellung die man nicht recht beschreiben kann und zu der es keine einfache Anleitung gibt.

Vielleicht ist es am ehesten zu beschreiben. Es wird einem egal oder man erkennt die Aussichtslosigkeit. Der Glaube kann einem hierbei durchaus im Weg sein, wenn er einem suggeriert, dass ein Wunsch doch noch erfüllbar wäre, egal wie schlecht die Chancen dafür stehen mögen.

Die Schwierigkeit dabei ist, dass wir als Menschen hier fehlbar sind und eine Situation mit ihren Chancen nie endgültig einschätzen können. Die Hoffnung kann somit auch einen Pfad zu Glück bedeuten, wenn man durch die Hoffnung weiter strebt, das scheinbar unmögliche doch noch zu erreichen. Pauschal davon abzuraten zu hoffen und zu streben ist also nicht sinnvoll, wenngleich das durch Streben erreichte Glück stets flüchtig bleibt. Doch auch das irdische Glück, das durch Loslassen entsteht, bleibt flüchtig während wir leben, da uns die Zwänge der Realität niemals gänzlich loslassen und wir nicht fähig sind auf Dauer sämtliche Wünsche abzulegen.

Drei Schlüssel zum Glück

In einem früheren Text habe ich einmal drei Schlüssel zum Glück formuliert. Dies ist nochmals eine etwas andere Betrachtung, aber spiegelt dennoch auch die bisherigen Schlussfolgerungen in diesem Text wieder.

Der erste Schlüssel: Streben

Das Streben versucht die äußere Welt um uns herum an die eigenen Wünsche anzupassen, unsere Wünsche also wahr werden zu lassen und umzusetzen. Man baut sich sein Traumschloss in der Realität. Das Glück tritt dabei dann ein, wenn man erfolgreich ist und die Realität dem eigenen inneren Wunsch unterworfen hat. Schwierig dabei ist, dass der eigene Wunsch sich weiterentwickeln und veränder kann, während man seinem Ziel näher kommt. Und wie beschrieben ist auch durch das Erreichen, nur ein vorübergehendes Glück möglich.

Verkürzt wird dies oft auch ausgedrückt mit dem Leitspruch:
„Ändere was du nicht akzeptieren kannst.“

Der zweite Schlüssel: Akzeptanz

Im umgekehrten Weg kann man die Realität akzeptieren und die eigenen Wünsche, sowie die eigene Wahrnehmung daran anpassen. Man findet sich mit dem eigenen Schicksal ab, arbeitet sozusagen an den eigenen Wünschen bis sie verschwunden sind oder zu dem passen, was einem durch die Außenwelt geboten wird. Auch hier kann es sein, dass die Dynamik einen vom endgültigen Erreichen des Ziels abhält. Die Außenwelt kann sich schneller verändern, als die eigenen Wünsche anpassen und sich daran gewöhnen kann.

Verkürzt wird dieser Schlüssel oft mit folgenden Leitspruch beschrieben:
„Akzeptiere was du nicht ändern kannst.“

Der dritte Schlüssel: Wahrheit

Hierzu muss man tiefer eintauchen in die Konzepte von Wahrheit als Form der subjektiven Wahrnehmung als variable Schnittstelle zwisch Außen- und Innenwelt. Obwohl der Begriff „Wahrheit“ auch als etwas absolutes und objektives angesehen werden kann, hat er hier die Bedeutung der eigenen inneren und damit subjektiven Wahrheit, die durch den verwandten Begriff „Wahrnehmung“ (also das was wir für „wahr“ annehmen) geprägt wird.

Während die zwei ersten Schlüssel versuchen entweder die innere oder die äußere Welt an die jeweils andere anzugleichen und in Einklang zu bringen, setzt der dritte Schlüssel an der Schnittstelle zwischen beiden an und modifzierte die Übersetzung. Im Extremfall kann man dies als „Wahnsinn“ beschreiben. Dieser stellt einen der wichtigsten und mächtigsten Schutzmechanismen der menschlichen Psyche in Krisensituationen dar. Wenn man etwas weder ändern noch akzeptieren kann, so ist die einzige Möglichkeit indem man eine passende Übersetzung zwischen den zwei Welten konstruiert.

Die Kombination

Glück entsteht durch die Abwesenheit unerfüllter Wünsche, was auch bedeutet, dass die Erfüllung eines bislang unerfüllten Wunsches zumindest temporär zu Glück führt. Dabei wird der Wunsch in der Innenwelt, in der Außenwelt realisiert.

Das Unglück besteht hingegen durch eine Wünsche die nicht erfüllt werden. Drastisch sind die Wünsche bei denen klar wird, dass sie auch nie mehr erfüllt werden können, weil etwas finales wie der Tod dem entgegen steht. Hier greift die Möglichkeit den Wunsch im inneren anzupassen und aufzulösen, indem man durch einen Prozess die äußere Welt, akzeptiert und damit den wahrgenommenen Zustand in die innere eigene Welt übernimmt.

Ist beides nicht möglich, besteht also ein Wunsch den man nicht ablegen kann oder will, aber dessen Umsetzung in der Außenwelt unmöglich ist, so bleibt einem nur die Möglichkeit die Schnittstelle zwischen beiden Welten so anzupassen, dass sich das Unvereinbare doch vereinbaren lässt und die äußere Welt so erscheint, als würde sie dem inneren Wunsch entsprechen oder seine Erfüllung zumindest potenziell noch ermöglichen. Gerade wenn die äußere Welt sich sehr drastisch und schnell verändet, sodass einem keine Zeit bleibt die innere Welt anzupassen und die Erschütterung zu groß ist, kann die Veränderung der Wahrnehmung der entscheidende Schutzmechanismus sein, vor einem Unglück das zu groß ist um es zu ertragen.

Statt aber anzustreben die innere und die äußere Welte ständig aneinander anzupassen, kann sich die innere Welt auch von der äußeren Welt entkoppeln, durch Abwesenheit von Wünschen, wodurch Ruhe und Frieden eintritt. Im Idealfall wird jeglicher Zustand und jegliche Veränderung der äußeren Welt in Form einer absoluten sofortigen Akzeptanz in eine neutrale Innenwelt übernommen, wobei es keine Angriffsfläche für Kollisionen gibt und somit kein Unglück entstehen kann. Obwohl man sich dabei der äußeren Welt vollständig ausliefert, gelingt dies nur, wenn man perfekt in sich selbst ruht.

Dabei muss niemand nach Glück streben, sondern kann es zulassen. Glück kann nur dort passieren wo Glück nicht zwingend angestrebt und vorausgesetzt wird.